„Kanalhose“ aus der „Reichsverteidigung“
Schon in den Jahren 1940/41 wurde die sog. „Kanalhose“ bei verschiedenen Geschwadern der Luftwaffe eingeführt. Insbesondere das am Ärmelkanal stationierte JG26 („Seidenbettengeschwader“) wurde mit der neuen „Fliegersonderbekleidung“ ausgerüstet. Daher entstammt auch die Bezeichnung „Kanalhose“. Diese zeichnet sich durch große, auf Höhe der Oberschenkel aufgesetzte Taschen aus. Anfangs noch aus Baumwolle gefertigt, wurden die großen Hosen samt passender Jacken immer weiterentwickelt und schließlich als zweiteilige „Fliegerschutzanzüge“ an die Piloten ausgegeben. Bei den Materialien gab es Variationen von Baumwolle für den Einsatz im Sommer bis hin zu gewachsenem Schaffell für den Wintereinsatz. Es gab auch Kombinationen von beiden Materialien.
Piloten des JG26 (Sammlung Glaser)
Schließlich hielt ab 1944 eine Glattleder-Kombination bei der Truppe Einzug. Die sog. „Reichsverteidigungskombination“ bestehend aus Lederhose und Lederjacke. Diese sollte in erste Linie Schutz gegen Verbrennungen bieten, da Flugzeugführer häufig durch Flammenbildung während des Luftkampfes beim erfolgreichen Fallschirmabsprung oder Notlandung schwer verletzt wurden. Aber auch gegen die Eiseskälte in Flughöhen von bis zu 8000 Metern Höhe bot die „Fliegersonderbekleidung“ Schutz und damit sogar einen gewissen Komfort. Die Glattleder-Ausführung der „Kanalhose“ aus der „Reichsverteidigungskombination“ gab es in zwei Varianten. Einmal mit eingebauter Heizung, welche an das Bordnetz des Flugzeuges angeschlossen wurde und eine ohne Heizung.
Piloten des JG54 (Sammlung Glaser)
Die Hosen waren für die damalige Zeit sehr innovativ. Ausgestattet mit Druckknöpfen und Reißverschlüssen (damals keine Selbstverständlichkeit), waren sie ihrer Zeit weit voraus. Die Hosen waren vom Schnitt her immer gleich, mit kleinen Variationen der Materialien, was der Mangelsituation der Kriegsproduktion geschuldet war. Die „Kanalhose“ verfügt über zwei große aufgesetzte Taschen für Signalmunition sowie Karten und allerlei private Gegenstände des Piloten und wird mittels Keramik- und Druckknöpfen geschlossen.
Auf der rechten Seite auf Hüfthöhe befindet sich eine Einschubtasche für die Signalpistole und eine seitlich angebrachte Tasche für weitere Dokumente. Insgesamt 13 große Keramik- und oder Glasknöpfe wurden an der „Kanalhose“ verarbeitet sowie 6 Reißverschlüsse in verschiedenen Längen aus Kunststoff und/oder Metall. Auch hier gab es Varianten bei den Materialien aufgrund Verfügbarkeit. Die hochgeschnittene Hose wurde mit speziellen Hosenträgern getragen. Insgesamt zählt die „Kanalhose“ aus der „Reichsverteidigung“ zu den aufwändigsten und teuersten Kleidungsstücken, die für die Luftwaffe produziert wurden und ist heute ein sehr seltenes und unter Sammlern gesuchtes Kleidungsstück, für das im Bestzustand gerne bis zu 5.000€ gezahlt werden.